Der neueste Roman von Gerd Kanke erinnert an das erste Werk des Autors, den Gedichtband WolkenSchatten.
In Analogie zu diesem ersten Werk, einem Gedichtband mit Tag- und Nachtstücken, das auf der Insel Amrum verlegt wurde, finden wir auch in dem aktuellen Werk die Hauptfigur Thorben auf der Insel Amrum wieder. Recht schnell wird dem Leser klar, daß Amrum dieses Mal aber nur den Rahmen darstellt, für den Hauptteil des Romans, der quasi als Kontrast auf der Mittelmeerinsel Kreta spielt.
In dreiundzwanzig Nachtstücken erzählt Kanke die Liebesgeschichte zwischen Thorben, der als Touristenführer auf Kreta arbeitet, und dem Mädchen Miriam. Der Leser taucht ein in die Atmosphäre der Insel, mit all ihren Besonderheiten. Kanke gelingt es mit seinen teilweise skurrilen Geschichten, den Leser mitzunehmen und ihn teilhaben zu lassen, nicht nur an den Gerüchen von Dieselöl und faulendem Fisch, sondern vor allem an den zarten Empfindungen für Miriam, die „leise nach gelben Rosen duftet“.
Der Leser, der den Sommer der Liebe zwischen Thorben und Miriam begleitet, wird allerdings bei jeder Überschrift eines neuen Kapitels durch den Begriff „Nachtstück“ daran erinnert, daß es sich hier um die Träume eines Mannes handelt, die er auf Amrum träumt. Und so müssen wir, wohl oder übel, der Hauptfigur auch wieder – Kreta verlassend – nach Amrum folgen, in die ernüchternde Realität dieses Mannes, der rückblickend nicht nur seine große Liebe verloren hat, sondern mittlerweile auch nicht mehr mit der Tochter aus dieser Verbindung zusammen lebt.
Der Untertitel „Nachtstücke für Miriam“ verdeutlicht, daß Thorben immer noch von seiner Miriam träumt und sich gleichsam mit den Worten des Autors tröstet „denn wenn es etwas gibt, was süßer ist als ein Traum, so ist es die Gewissheit, daß es kein Traum gewesen ist...“
Hatte der Leser am Ende des vierundzwanzigsten Nachtstücks noch auf ein Happy End gehofft, so wird er bitter enttäuscht. Anders als bei „Grieche sucht Griechin“ von Friedrich Dürrenmatt, einer Liebesgeschichte von zwei Griechen in Frankreich, bei denen der Autor nach dem Ende I noch das „Ende für Leihbibliotheken“ als Happy End verfasst hat, greift Kanke die Melancholie des Einführungsteils auch im Schlußteil wieder auf.
(Rezension von Lutz Duda)
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